Mehr als 1,6 Millionen vertrauliche digitale Krankenakten soll das Unternehmen, das sich auf Künstliche Intelligenz spezialisiert hat und 2014 von Google übernommen wurde, ohne Wissen der Patienten gesammelt und verarbeitet haben. Jetzt klagen die Betroffenen vor dem High Court of England and Wales.

Die britische Anwaltskanzlei Mishcon de Reya kündigte die Sammelklage bereits im September 2021 an. Hintergrund: Der britische Krankenhaus-Betreiber Royal Free London NHS Foundation Trust übermittelte Patientendaten an das Google-Tochterunternehmen DeepMind. Diese wurden – so die Kanzlei – unter Verstoß gegen Datenschutzgesetze weiterverarbeitet.

Warum wurden die Daten übermittelt?

Im Jahr 2015 entwickelte DeepMind die Smartphone-App Stream. Die Anwendung sollte auf Grundlage eingetragener Patientendaten akute Nierenerkrankungen erkennen. Diese Art der Früherkennung führe, so Google damals, zu einer Reduzierung der vermeidbaren Todesfälle um bis zu 25 Prozent. Zur klinischen Sicherheitsprüfung der App vereinbarte DeepMind mit dem Royal Free NHS die Übermittlung von rund 1,6 Millionen Krankenakten. Offenbar ohne das Wissen und die Zustimmung der Patienten. Brisant: Die erhobenen Daten bezogen sich nicht nur auf Nierenleiden. Auch persönliche Informationen von HIV-Patienten, Drogenabhängigen und Frauen, die Abtreibungen vornehmen ließen, wurden an das Google-Tochterunternehmen weitergeleitet. Darüber hinaus erhielt DeepMind Daten über die Intensivmedizin, die Notfallabteilungen sowie die Tagesaktivitäten einzelner Kliniken.

Stream nicht zum ersten Mal in der Kritik

Schon im Jahr 2017 rügte die britische Datenschutzbehörde, DeepMind habe Daten aus einer Zeit erhalten, in welcher noch keine Kooperation mit der Royal Free NHS bestand. Betroffene Patienten hätten nicht davon ausgehen können, dass ihre Daten auf die erfolgte Weise verarbeitet werden. Mit der Sammelklage soll jetzt geklärt werden, wie der Umgang mit medizinischen Daten zukünftig zu regeln ist. Tech-Gigant Google kündigte bereits an, den Betrieb der App einstellen zu wollen. Unklar ist jedoch, was das für die bereits übertragenen Krankenakten und die betroffenen Patienten bedeutet.

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