Wenn Gaming zum Rechtsfall wird
Stell dir vor, du streamst ein neues Spiel – noch bevor es offiziell draußen ist – und plötzlich fordert ein Milliardenkonzern nicht nur Geld von dir, sondern will auch, dass du deine ganze Technik zerstörst. Genau das passiert gerade dem Streamer Jesse Keighin, besser bekannt als „EveryGameGuru“. Nintendo hat genug und zieht wieder vor Gericht. Der Vorwurf: Keighin soll mindestens zehn Spiele vor ihrer Veröffentlichung über Emulatoren gestreamt und damit gegen das Urheberrecht verstoßen haben.
Die Summe, die Nintendo fordert, ist mit 17.500 Dollar fast schon moderat – wenn man bedenkt, dass bei voller Ausschöpfung bis zu 7,5 Millionen Dollar drin gewesen wären. Der Großteil der Strafe bezieht sich auf das Spiel Paper Mario: The Thousand-Year Door und den Bruch des sogenannten Digital Millennium Copyright Act (DMCA), einem US-Gesetz, das Kopierschutzmaßnahmen besonders streng schützt.
Streaming, Emulatoren und das große Missverständnis
Was viele nicht wissen: Emulatoren selbst sind gar nicht illegal. Sie können sogar dazu dienen, alte Spiele zu archivieren oder legal gekaufte Games auf anderen Geräten zu spielen. Doch wer Emulatoren nutzt, um unveröffentlichte oder raubkopierte Spiele zu zocken, bewegt sich juristisch auf ganz dünnem Eis.
Jesse Keighin soll nicht nur gezockt, sondern auch seine Community mit allem versorgt haben, was man für Piraterie braucht – inklusive Emulatoren-Links und den sogenannten „prod.keys“, die den Kopierschutz aushebeln. Nintendo sieht darin eine klare Kampfansage – und will jetzt nicht nur Geld, sondern auch ein radikales Zeichen setzen: Keighin soll alles vernichten, was mit dem Streaming der Spiele zu tun hatte. Computer, Konsolen, Software – alles.
Was Nintendo wirklich will
Neben dem Schadensersatz hat Nintendo eine weltweite Unterlassungsverfügung beantragt. Das klingt harmlos, bedeutet aber: Keighin dürfte nie wieder irgendetwas streamen, was auch nur im Entferntesten mit Nintendo zu tun hat – auch in Zukunft nicht. Damit will Nintendo offenbar ein Exempel statuieren. Und tatsächlich scheint das Unternehmen schon länger auf Kriegsfuß mit Emulatoren & Co. zu stehen. Erst kürzlich ging man hart gegen das populäre Emulator-Projekt Yuzu vor.
Keighins Reaktion auf all das? Nicht gerade deeskalierend. Laut Gerichtsunterlagen hat er Beweismittel gelöscht und ließ Nintendos Anwälten ausrichten: „Du magst zwar ein Unternehmen leiten. Ich beherrsche die Straßen.“ Nicht gerade das, was man als cleveren Schachzug vor Gericht bezeichnen würde.
Was soll der Schredder bitte bringen?
Nintendo hat das gute Recht, gegen Urheberrechtsverstöße vorzugehen – keine Frage. Aber die Forderung, sämtliche Geräte zu vernichten, ist überzogen. Will man damit wirklich verhindern, dass jemand erneut streamt? In Zeiten von Cloud-Gaming, VPNs und Second-Hand-Laptops dürfte ein Streamer schneller wieder online sein, als ein Anwalt „Unterlassungsverfügung“ sagen kann. Die Aktion wirkt eher wie ein symbolischer Racheakt als wie eine sinnvolle Maßnahme. Nintendo sollte sich vielleicht fragen, ob sie mit solch aggressiven Mitteln nicht mehr Feinde als Fans schafft. Klarer Fall von: Mit Kanonen auf Pixel schießen.