Ein Blick reicht – und du bist ein echter Mensch
Science-Fiction oder Realität? Das Projekt World, mit dem ChatGPT-Mitgründer Sam Altman das Internet revolutionieren will, nimmt jetzt richtig Fahrt auf. Was einst wie ein Experiment klang – Menschen per Augen-Scan verifizieren – wird zur globalen Super-App: Geld senden, bezahlen, Spiele zocken, flirten – und das alles mit nur einer digitalen Identität, der World ID. Klingt nach Zukunft. Oder vielleicht doch nach Kontrolle?
Altmans Idee ist so simpel wie radikal: Weil Künstliche Intelligenz immer schwerer von echten Menschen zu unterscheiden ist, soll ein Orb – ein kugelförmiger Scanner – per Iris-Erkennung sicherstellen, dass du keine Maschine bist. Nur wer sich so registriert, erhält Zugriff auf World – und bald auch auf handfeste Vorteile wie kostenlose Überweisungen, eine eigene Kontonummer und sogar eine Visa-Karte zum Bezahlen.
Finanzen, Games, Dating – World mischt überall mit
Was Meta mit seinem KI-Rechenzentrum an Strom braucht, braucht World an Vertrauen – und das versucht Altman sich über praktische Funktionen zu verdienen. Besonders spannend: Geldüberweisungen ohne Gebühren sollen bald über die App möglich sein – ein Frontalangriff auf Banken, Fintechs und klassische Zahlungsdienste. In Kooperation mit Visawird außerdem eine physische Karte angeboten, die mit dem World-Konto verknüpft ist.
Doch das ist längst nicht alles:
- In Zusammenarbeit mit dem Gaming-Hersteller Razer will World Spiele-Bots ausschließen – so spielt man angeblich nur noch mit echten Menschen.
- Beim Online-Dating in Japan startet World ein Pilotprojekt mit der Match Group (Betreiber von Tinder & OkCupid), bei dem nur Verifizierte mitmachen dürfen.
Die App soll schrittweise zu einer Super-App wachsen, ähnlich wie WeChat in China – also ein Tool, das Banking, Messaging, Shopping und mehr in sich vereint. Damit ist World schneller als Elon Musk, der mit X eine ähnliche Vision verfolgt, bisher aber kaum Ergebnisse liefert.
Die Frage: Freiheit oder totale Kontrolle?
Was auf den ersten Blick wie ein Sicherheitsgewinn klingt – „echte Menschen erkennen, Maschinen aussperren“ – wirft gewaltige Fragen auf. Wenn die Anmeldung nur noch über einen Augenscan möglich ist, wird die Anonymität im Netz Stück für Stück abgeschafft. Und wer kontrolliert diese sensiblen Daten? World verspricht, die Iris-Informationen nicht zu speichern. Doch wie überprüft man das?
Noch ist die Nutzung freiwillig. Doch was, wenn in Zukunft Online-Banking, Dating oder Games nur noch mit World ID funktionieren? Die Vision von Sam Altman hat eine klare Richtung: eine zentrale, biometrische Identität für alles Digitale.
Wer seine Seele verkauft, sollte wenigstens bar bezahlt werden
World mag wie ein Fortschritt klingen, doch der Preis ist hoch: dein Auge als Passwort. Der Gedanke, dass eine private Firma irgendwann darüber entscheidet, wer als „echter Mensch“ gilt – und wer nicht –, ist beängstigender als jeder Science-Fiction-Film.
Vertrauen durch Technik? Vielleicht. Kontrolle durch Technik? Ganz sicher. Für uns steht fest: Wer beim Online-Dating verifizieren muss, dass er kein Bot ist, hat das eigentliche Problem nicht verstanden. Und wer seine biometrischen Daten gegen Digitalwährung tauscht, verkauft mehr als nur Informationen – er verkauft sich selbst.