Deutschland unter digitalem Dauerbeschuss
Die Bedrohung aus dem Netz ist längst keine Science-Fiction mehr – sondern Alltag. Laut dem aktuellen Lagebild Cybercrime sind die Angriffe auf Deutschland nicht nur zahlreich, sondern auch gefährlich wie nie. Mit über 330.000 bekannten Fällen im Jahr 2024 hat die Cyberkriminalität in Deutschland ein alarmierendes Niveau erreicht – Tendenz: steigend.
Innenminister Alexander Dobrindt schlägt Alarm. Besonders brisant: Immer mehr Angriffe kommen aus dem Ausland– und oft aus politisch brisanten Regionen wie Russland. Gleichzeitig verschwimmen die Grenzen zwischen Cyberdiebstahl und digitaler Sabotage. Das macht die Täter nicht nur schwer greifbar – sondern ihre Motive auch unkalkulierbar.
178 Milliarden Euro Schaden – und das ist nur die Spitze des Eisbergs
178,6 Milliarden Euro – so hoch ist der geschätzte Schaden durch Cyberangriffe im Jahr 2024. Ein Plus von 30 Milliarden im Vergleich zum Vorjahr. Täglich werden Unternehmen erpresst, Verwaltungen lahmgelegt, Kontodaten abgegriffen oder sensible Informationen verschlüsselt – oft mit Ransomware, der gefährlichsten aller Cyberwaffen.
Hinzu kommen DDoS-Attacken, die gezielt Netzwerke überlasten – und laut Behörden verstärkt aus Russland stammen. Auch politische Angriffe im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt wurden festgestellt. Selbst Messenger-Dienste wie Telegram werden mittlerweile zur Plattform für den digitalen Untergrund: Dort floriert das Geschäft mit „Cybercrime-as-a-Service“ – also Hacken auf Bestellung.
Polizei macht Fortschritte – aber Täter sitzen oft im Ausland
Erfolge gibt es auch: So konnte das BKA etwa illegale Online-Marktplätze für Waffen abschalten. Doch die Statistik zeigt: Nur 32 Prozent der Fälle werden aufgeklärt. Zum Vergleich: Bei herkömmlichen Straftaten liegt die Quote bei 58 Prozent. Warum? Weil die Angreifer meist außerhalb deutscher Strafverfolgung agieren – anonym, verschlüsselt und schnell.
BKA-Chef Holger Münch warnt deshalb vor einer steigenden Dunkelziffer. Die tatsächliche Anzahl der Angriffe dürfte weit höher liegen als das, was Behörden erfassen können. Und: Künstliche Intelligenz macht es Tätern heute noch leichter, ihre Opfer zu täuschen – etwa mit täuschend echten Phishing-Mails.
Der Staat schlägt zurück – mit Technik und neuen Gesetzen
Innenminister Dobrindt kündigt jetzt eine große Aufrüstung im digitalen Abwehrkampf an. Mehr Kompetenzen für Polizei und Sicherheitsbehörden, bessere Technik, Einsatz von KI auf Seiten der Ermittler und schärfere Sicherheitsstandards für Behörden sollen helfen, die Flut an Angriffen einzudämmen.
Doch all das hat seinen Preis – nicht nur finanziell. Auch Freiheitsrechte könnten eingeschränkt werden, wenn der Staat zu weit geht. Dobrindt fordert bereits neue gesetzliche Befugnisse – ein heißes Eisen in der politischen Debatte.
Nicht nur „aufrüsten“, sondern auch „umdenken“!
Natürlich muss der Staat gegen Cyberangriffe aufrüsten. Aber der Reflex, bei jeder Bedrohung mehr Überwachung zu fordern, greift zu kurz. Cybersicherheit ist nicht nur ein Problem der Polizei – sondern ein gesellschaftlicher Auftrag.
Wo bleiben verpflichtende Sicherheitsstandards für Unternehmen? Warum werden nicht auch Konzerne in die Pflicht genommen, ihre Systeme zu härten, statt nur auf den Staat zu zeigen?
Deutschland braucht keine digitale Festung, sondern ein intelligentes Abwehrsystem – mit Transparenz, technischer Bildung und konsequenter internationaler Strafverfolgung. Alles andere ist digitale Augenwischerei.