OVHcloud auf dem Vormarsch: Europa will raus aus der US-Datenabhängigkeit
Was früher eine rein technische Entscheidung war, wird heute zur geopolitischen Strategiefrage: Welchem Cloudanbieter kann ich meine Daten noch anvertrauen? Der französische Anbieter OVHcloud erlebt einen spürbaren Boom – weil europäische Unternehmen zunehmend amerikanischen Hyperscalern wie AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud den Rücken kehren.
Der Grund: digitale Souveränität – oder besser gesagt, die wachsende Angst davor, dass sensible Unternehmens- oder Behördendaten in fremde Hände geraten könnten. Benjamin Revcolevschi, CEO von OVHcloud, bringt es in der jüngsten Quartalsmitteilung auf den Punkt: „Die Wahl eines Cloudanbieters ist nicht mehr nur eine technische, sondern auch eine strategische Frage.“
Europas Firmen wachen auf – und verlassen sich nicht mehr blind auf die USA
Eines der prominentesten Beispiele: Die Deutsche Bahn hat ihre eigenen Server abgeschafft und hostet nun komplett bei Amazon Web Services (AWS) – ein Schritt, der in der heutigen Zeit durchaus kritisch betrachtet wird. Denn das EU-US Data Privacy Framework, das den Datentransfer in die USA rechtlich absichert, steht auf tönernen Füßen. Sollte Ex-Präsident Donald Trump nach einem möglichen Wahlsieg 2024 per Executive Order den Stecker ziehen, stünde ganz Europa wieder ohne funktionierende Rechtsbasis für US-Cloudnutzung da.
Das Bundesinnenministerium warnt bereits vor dieser Entwicklung – und empfiehlt, auf mehr Unabhängigkeit in der Cloudstrategie zu setzen.
OVHcloud: Vom französischen Anbieter zum europäischen Hoffnungsträger
Der Cloudhoster OVHcloud, mit Sitz im nordfranzösischen Roubaix, betreibt Rechenzentren unter anderem in Deutschland, Frankreich, Polen, Großbritannien, Kanada, USA, Australien und Singapur. Besonders in der DACH-Region wächst das Unternehmen rasant – mit einem bereinigten Umsatzplus von 9,7 Prozent im ersten Halbjahr 2025.
Laut OVHcloud-Sprecherin sei der Wunsch nach Datensouveränität inzwischen entscheidend für viele Neukunden – darunter auch Großunternehmen wie der Vermögensverwalter Commerz Real. Europa will die Kontrolle über seine Daten zurück – und wählt zunehmend europäische Anbieter.
Wem kann ich vertrauen?
Die Zeiten, in denen man einfach „Amazon kennt jeder, nehmen wir“ sagte, sind vorbei. Unternehmen – und insbesondere öffentliche Institutionen – müssen sich endlich die Frage stellen: Wem vertraue ich meine sensibelsten Daten an? Und was passiert, wenn sich die geopolitische Lage über Nacht ändert?
Digitale Souveränität ist kein Marketing-Sprech, sondern eine Notwendigkeit. Wer als deutscher Konzern oder Behörde heute noch ausschließlich auf US-Clouds setzt, spielt mit dem Feuer. Der nächste Trump-Beschluss kommt bestimmt – und dann könnte es mit einem Mausklick vorbei sein mit dem Datentransfer. Lieber jetzt wechseln, bevor die Datenlage brennt.