Der Big Brother Award

Einmal im Jahr vergibt der Bielefelder Verein Digitalcourage den „Big Brother Award“. Unter den diesjährigen Preisträgern sind die DHL und Zoom – zwei Anbieter, mit denen viele im Alltag zu tun haben. Die Jury des „Big Brother Award“, der heute Abend in Bielefeld in verschiedenen Kategorien verliehen worden ist, ist ein Anti-Preis: Wer den Preis erhält, freut sich darüber in der Regel nicht.

Die Preisverleihung

Der Big Brother Award macht auf Missstände aufmerksam und zeigt bedrohliche Entwicklungen auf: Wo gibt es neue Datensammlungen, die missbraucht werden könnten. Weiterhin beklagt die Jury den zunehmenden Abbau von tatsächlichen Postfilialen, die durch Packstationen ersetzt werden.

„DHL“ als Datensünder

Ein konkreter Fall ist aus Sicht der Jury die Packstation bei DHL. Es bestehe mittlerweile ein „Digitalzwang“ für DHL-Kunden, begründet Rena Tanges vom Verein Digitalcourage die Preisvergabe. Wer ein Paket bestellt und vom Boten zu Hause nicht angetroffen wird, muss immer öfter erleben, dass die Sendung in einer „Packstation“ abgelegt wird. Doch die Packstationen der neuen Generation funktionieren anders. Es gibt kein Display mehr, an dem eine PIN eingetippt werden könnte. Stattdessen wird erwartet, dass die Menschen ein Smartphone haben – und die App von „Post/DHL“ installieren. Nur damit lässt sich bei den Packstationen der neuesten Generation die passende Türe öffnen. Die Menschen werden laut Jury „gezwungen“, ein Smartphone zu besitzen – und eine App zu nutzen. Die sammle darüber hinaus Daten und versorge verschiedene Tracker-Unternehmen in den USA mit Daten.

„Zoom“ als Datensünder

Weiterer prominenter Preisträger ist das Videokonferenz-System „Zoom“ des gleichnamigen US-Unternehmens. Hier redet sich „padeluun“, einer der Gründer und Leiter des Big Brother-Awards, regelrecht in Rage: „Selbst da, wo Zoom behauptet, die Server stehen in Deutschland werden Daten in die USA übertragen – das heißt: Zoom lügt an dieser Stelle.“ Gemeint ist, dass bei der Nutzung des weit verbreiteten Videokonferenz-Systems Daten in die USA fließen und dort, so die Befürchtung, von US-Geheimdiensten abgegriffen werden könnten. Dabei geht es nicht um die Inhalte der Videogespräche, die verschlüsselt übertragen werden, sondern um die sozialen Kontakte: Wer spricht wann mit wem – diese Daten fallen zweifellos an, da Zoom eine Registrierung erfordert und somit die persönlichen Daten vorliegen.

Die Alternativen

„padeluun“ rügt, wie unbesorgt selbst Ministerien und Organisationen mit Zoom arbeiteten. Dabei gäbe es datenschutzfreundlichere Alternativen wie „Jitsi“ oder „BigBlueButton“. Beides Systeme, die anders als Zoom, Teams oder Skype nicht in der Hand eines Konzerns sind und teilweise sogar eigenständig.

Microsoft und die Datenweitergabe in die USA

Auch Microsoft wird in der Kategorie „Lebenswerk“ mit dem Big Brother Award ausgezeichnet. Das Unternehmen sorgt schon seit Jahren dafür, dass Daten von EU-Bürgern in die USA fließen. Denn die meisten Online-Dienste von Microsoft erfordern eine Registrierung und Anmeldung. Und selbst, wenn Daten auf EU-Servern gespeichert sind, müssen US-Unternehmen sie oft auf gerichtliche Anordnung herausgeben. Das stimmt – allerdings wehrt sich Microsoft auch juristisch gegen solche Anliegen.

Der Big Brother Award als Finger in der Wunde

Die Argumentation des Big Brother Awards ist sehr streng und steht im Spannungsverhältnis zwischen Digitalisierung und Verbraucherschutz. Aber auf jeden Fall legt der Big Brother Award einen Finger in die Wunde und bringt so wichtige Debatten in Gang und sensibilisiert für einen sorgsamen Umgang mit den eigenen Daten. Es ist wichtig, dass solche Auszeichnungen vergeben werden, um Unternehmen und Organisationen auf ihre Verantwortung im Umgang mit Daten hinzuweisen und die Gesellschaft für Datenschutzfragen zu sensibilisieren.

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