Big Data bei der Polizei – wer schützt unsere Daten?

Stellen Sie sich vor, Sie melden als Zeugin einen Vorfall bei der Polizei – und landen direkt in einer geheimen Analysedatenbank. Genau davor warnt der Chaos Computer Club (CCC) jetzt mit Nachdruck. Im Visier: „Gotham“, die Datenanalyse-Software der US-Firma Palantir.

Die Technologie, die in den USA unter anderem bei Geheimdiensten und dem Militär eingesetzt wird, soll nun auch bundesweit deutschen Polizeibehörden bei der Verbrechensbekämpfung helfen. Hessen, Bayern und NRW nutzen sie bereits. Weitere Länder könnten folgen – wenn es nach dem Bundesinnenministerium geht. Doch Datenschützer schlagen Alarm.

Was ist Palantir – und warum ist die Kritik so heftig?

Palantir ist kein gewöhnliches IT-Unternehmen. Es ist eng mit US-Behörden wie der CIA verbunden und steht wegen seiner Nähe zu Militär- und Überwachungsprojekten international in der Kritik. Die Software kann riesige Datenmengen aus verschiedenen Quellen – etwa Polizeidatenbanken, Videoüberwachung, soziale Netzwerke – verknüpfen, analysieren und verhaltensbasierte Muster erkennen.

Was technisch beeindruckt, ist gesellschaftlich brisant: Der CCC warnt, dass in der Software auch Unbeteiligte wie Zeuginnen, Hinweisgeber oder Kontaktpersonen gespeichert und analysiert werden. Wer sich an die Polizei wendet, könnte sich plötzlich selbst in einem digitalen Raster wiederfinden.

Abhängigkeit von US-Standards und mögliche Grundrechtsverstöße

Der CCC kritisiert nicht nur die mangelnde Transparenz und fehlende Kontrolle beim Einsatz der Software, sondern auch die Abhängigkeit von einem US-Unternehmen mit eigenen Datenschutzstandards. Während Deutschland und Europa hohe Anforderungen an Datenverarbeitung stellen, gilt in den USA ein deutlich niedrigeres Schutzniveau.

Gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte wurde jetzt sogar Verfassungsbeschwerde gegen den Einsatz der Software in Bayern eingereicht. Der Vorwurf: Der Freistaat halte sich nicht an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das 2023 klare Regeln für die Nutzung solcher Systeme aufgestellt hatte – etwa zur Trennung von präventiver und repressiver Polizeiarbeit.

Potenzieller Albtraum für den Datenschutz

Die Software von Palantir ist nicht einfach ein Analyse-Tool – sie ist ein Überwachungsinstrument mit enormem Machtpotenzial. Wenn selbst Augenzeugen und Hinweisgeber automatisch in eine Datenbank wandern, ist das nicht mehr Schutz – das ist Kontrollwahn.

Sicherheitsbehörden brauchen digitale Werkzeuge – keine Frage. Aber nicht um jeden Preis. Vor allem nicht, wenn Grundrechte auf dem Spiel stehen. Dass ein US-Unternehmen mit engen Geheimdienst-Verbindungen tief in unsere inneren Sicherheitsstrukturen eingebunden wird, ist ein Risiko mit Ansage. Sicherheit darf nicht auf Kosten der Freiheit gehen. Ein souveräner Rechtsstaat braucht eigene Lösungen – keine Datenpakete aus Denver.

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