Ein Netzwerk aus 40.000 SIM-Karten – und einer Menge krimineller Energie

Was wie ein Drehbuch aus einem Cybercrime-Thriller klingt, ist bittere Realität: Europol hat zusammen mit Eurojust ein gigantisches Betrugsnetzwerk gesprengt. Wie Heise Online am 20.10.2025 berichtet, wurden bei der internationalen Operation mit dem Codenamen „Simcartel“ nicht nur fünf Verdächtige festgenommen – die Ermittler stellten außerdem 40.000 aktive SIM-Karten und vier Luxusautos sicher. Der Gesamtschaden wird auf fünf Millionen Euro beziffert – verursacht durch betrügerische Telefonanrufe, Fake-Websites und gefälschte Online-Konten.

Die Drahtzieher haben sich dabei ein eigenes Telekommunikationsnetzwerk aufgebaut. Mit diesen SIM-Karten konnten sie nahezu unbehelligt Fake-Anrufe tätigen und sich in Windeseile neue Online-Identitäten zulegen. Klingt wie Science-Fiction, ist aber trauriger Alltag in der digitalen Schattenwelt.

Enkeltrick 2.0: So funktionierte der Betrug

Die Masche ist so alt wie durchschaubar – aber offenbar noch immer effektiv: Ein angeblicher Enkel oder Verwandter ruft an, steckt angeblich in einer Notsituation und bittet um Geld. Doch durch die Nutzung von 40.000 SIM-Karten war es den Betrügern möglich, massenhaft und anonym anzurufen – ohne Rückverfolgung.

Zusätzlich wurden unter falschen Namen Konten bei Online-Marktplätzen angelegt, wo mit nicht existierenden Produkten abgezockt wurde. Auch gefälschte Banking-Seiten und angebliche Polizeiseiten gehörten zum Repertoire. Ziel war es immer, möglichst schnell an Geld oder sensible Daten der Opfer zu kommen.

Mit Hilfe einer geschäftsmäßig aufgesetzten Website konnten sogar andere Kriminelle diese „Abzocke-Infrastruktur“ zugreifen – ein erschreckender Beweis dafür, wie organisiert und technisiert moderne Cyberkriminalität inzwischen ist.

49 Millionen Fake-Accounts: Die dunkle Seite des Internets

Die Zahl ist kaum zu fassen: 49 Millionen gefälschte Online-Accounts sollen im Zuge der illegalen Aktivitäten erstellt worden sein. Diese Identitäten wurden genutzt, um auf Plattformen aufzutauchen, Vertrauen zu erwecken und dann eiskalt abzukassieren. Ob beim Online-Verkauf von Elektronik, gefälschten Luxusgütern oder über vermeintliche Spendenaufrufe – die Täter hatten das System perfektioniert.

Beteiligt an der Ermittlung waren auch Behörden aus Österreich, Finnland und baltischen Staaten. Die genaue Dimension des Netzwerks wird derzeit noch ausgewertet – sicher ist aber schon jetzt: Der Schlag gegen das „Simcartel“ ist einer der größten Erfolge im Kampf gegen organisierte Internetkriminalität in Europa.

Gibt es keine Kontrollmechanismen?

Der Fall zeigt einmal mehr: Kriminalität hat sich längst digitalisiert – und zwar nicht nur auf Hacker-Niveau, sondern hochprofessionell organisiert wie ein mittelständisches Unternehmen. Dass eine solche Infrastruktur überhaupt über Jahre unbemerkt bleiben konnte, wirft unangenehme Fragen auf – auch an die Telekommunikationsanbieter. Warum wurde der massive Einsatz von 40.000 SIM-Karten nicht früher registriert?

Und noch etwas: Wenn Kriminelle ihre Dienste schon über professionelle Websites anbieten – wie viel von diesem Darknet-Know-how ist längst im „echten“ Netz angekommen? Die Grenze zwischen legalem und illegalem Online-Business wird offenbar immer dünner. Da hilft nur eines: mehr digitale Aufklärung, härtere Kontrolle – und weniger Naivität im Netz.

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