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Urheberrecht trifft auf Künstliche Intelligenz – Getty verliert vorerst
Es ist ein Grundsatzkonflikt, der die digitale Welt beschäftigt: Dürfen KI-Unternehmen urheberrechtlich geschützte Inhalte nutzen, um ihre Systeme zu trainieren? Die Bildagentur Getty Images meint: Nein. Sie klagte in London gegen die britische KI-Firma Stability AI, weil diese angeblich Millionen ihrer Fotos für das Training des Bildgenerators Stable Diffusion verwendet hat.
Doch das High Court für England und Wales lässt die meisten Vorwürfe nicht gelten – entweder aus inhaltlichen oder aus formalen Gründen. Ein echter Rückschlag für Getty.
Gericht: Kein Diebstahl, kein Speicher – also kein Problem
Der Vorwurf: Stability AI soll ohne Lizenz auf Gettys Bildarchiv zugegriffen und damit das KI-Modell Stable Diffusion trainiert haben. Das Problem aus Sicht des Gerichts: Das Training fand nicht in England oder Wales statt – also fehle die Zuständigkeit. Wo genau das Training erfolgte, blieb allerdings unklar.
Doch selbst dort, wo das Gericht inhaltlich urteilte, bekam Getty kaum Recht. Die Richterin stellte klar: Auch wenn das Modell durch geschützte Werke trainiert wurde, speichert es keine Kopien der Bilder, sondern nur abstrahierte Informationen. Aus 220 Terabyte Trainingsdaten wurden am Ende 3,44 Gigabyte Modellgewichte.
Die KI hat gelernt – aber sie hat nichts geklaut, so das sinngemäße Urteil. Und damit sei das Urheberrecht nicht verletzt, weil kein Werk dauerhaft vervielfältigt oder gespeichert wurde.
Nur beim Markenrecht wird’s eng für Stability AI
Einen kleinen Erfolg erzielte Getty immerhin: Die Richterin sah eine Markenrechtsverletzung, weil Versionen von Stable Diffusion Bilder generierten, auf denen Logos von iStock oder verwechselbare Getty-Zeichen zu sehen waren – ohne jede Verbindung zum Original. Das sei irreführend und geschäftsschädigend.
Das Argument von Stability AI, Nutzer seien für solche Outputs verantwortlich, ließ das Gericht nicht gelten. Hier liege die Verantwortung klar beim Anbieter des Modells.
Kommentar: Kein Freifahrtschein – aber ein deutliches Signal
Gettys Teilniederlage in London zeigt eines ganz klar: Rechtlich ist KI noch ein Niemandsland. Wer urheberrechtlich geschützte Werke zum Trainieren von Algorithmen nutzt, bewegt sich auf einem schmalen Grat – aber eben (noch) nicht zwingend auf der falschen Seite des Gesetzes. Das Gericht hat die technische Realität anerkannt: KI speichert keine Bilder, sondern „lernt“ nur Muster. Und Lernen an sich ist (noch) nicht verboten.
Für Getty bleibt der Weg steinig – in den USA läuft ein ähnliches Verfahren, aber ob dort mehr Erfolg winkt, ist offen. Klar ist: Die Entscheidung aus London dürfte Signalwirkung haben. Und für die Rechteinhaber heißt das: Die Karten werden neu gemischt – Kopieren war gestern, trainieren ist das neue Graufeld.
Quelle: heise online




