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KI übernimmt – ohne Krieg, ohne Drama
Wenn wir über die Risiken Künstlicher Intelligenz reden, geht es häufig um düstere Endzeit-Szenarien, in denen rebellierenden Maschinen gegen die Menschheit kämpfen. Doch laut Sam Altman, CEO von OpenAI und ChatGPT, ist die Realität viel subtiler – und vielleicht gerade deshalb so gefährlich.
In einem Gespräch mit Axel-Springer-CEO Mathias Döpfner im Podcast MD MEETS warnt Altman vor einer Entwicklung, die kaum jemand auf dem Radar hat: Eine KI, die nicht durch einen Befehl oder mit Gewalt die Kontrolle übernimmt – sondern einfach, weil wir ihr freiwillig folgen.
Das klingt absurd? Nicht, wenn man genauer hinschaut.
Schritt für Schritt in die Abhängigkeit
Schon heute nutzen hunderte Millionen Menschen KI-Tools wie ChatGPT täglich – für Texte, Bewerbungen, Entscheidungen, Diagnosen, Schulaufgaben. Bald werden es Milliarden sein. Und je besser die Antworten der KI sind, desto stärker wächst das Vertrauen in sie.
Altman bringt es auf den Punkt: „Es gibt dir Ratschläge, die du verstehst – und die du fast immer befolgen solltest. Dann wird es noch klüger. Und nun gibt es dir Ratschläge, die du gar nicht mehr verstehst.“ Trotzdem folgen wir weiter. Warum? Weil die Tipps fast immer richtig sind – auch wenn wir nicht mehr durchblicken, warum.
Und da liegt der Haken: Wer sich weigert, diesen Ratschlägen zu folgen, riskiert, im Job oder im Leben abgehängt zu werden. Plötzlich tut man nicht mehr, was man selbst für sinnvoll hält – sondern das, was „das Modell“ empfiehlt. Willkommen im Zeitalter der algorithmischen Autorität.
Die heimliche Macht der Feedback-Schleife
Besonders brisant wird es durch eine Art digitalen Teufelskreis: Wir befolgen die KI-Tipps, dadurch erzeugen wir neue Daten. Diese Daten nutzt die KI, um sich selbst zu verbessern. Und je besser sie wird, desto mehr vertrauen wir ihr. Das Ganze wiederholt sich – wie ein Hamsterrad, aus dem keiner aussteigen will, weil man sonst nicht mehr mithalten kann.
Altman nennt das ein kollektives Phänomen: Niemand zwingt uns – und doch machen wir alle mit. Weil wir sonst nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Ein leiser, schleichender Kontrollverlust, der nicht durch eine Revolution kommt, sondern durch Bequemlichkeit, Effizienz und Angst, den Anschluss zu verlieren.
KI als unsichtbarer Boss?
Was Altman beschreibt, ist kein Hollywood-Drehbuch. Es ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die längst begonnen hat – und kaum jemand spricht darüber. Die zentrale Frage lautet: Wer kontrolliert eigentlich die KI, wenn sie klüger wird als wir – und wir ihr trotzdem weiter folgen?
Die Antwort darauf bleibt vage. Und vielleicht ist genau das das Problem: Solange wir keinen Plan haben, wie man mit einer superintelligenten, ständig lernenden KI umgeht, laufen wir Gefahr, irgendwann nur noch das zu tun, was „das Modell“ von uns will.
Der Mensch spielt mit
Die größte Gefahr ist nicht, dass eine KI rebelliert – sondern dass wir freiwillig kapitulieren. Wenn Menschen beginnen, Entscheidungen zu treffen, die sie selbst nicht mehr verstehen, weil eine KI sie empfiehlt, dann ist das kein Fortschritt. Es ist das Ende der Eigenverantwortung. Vielleicht ist es Zeit, nicht nur zu fragen, was KI kann – sondern ob wir wirklich alles wollen, was sie kann.