Im Jahr 2025 soll sie endlich kommen – die elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten in Deutschland. Doch immer mehr Experten schlagen Alarm. Statt einer revolutionären Verbesserung des Gesundheitssystems könnte die ePA sich als gefährliches digitales Experiment herausstellen. Und das nicht nur für die Patienten, sondern auch für die Ärzte und Psychotherapeuten, die den Umgang mit dieser neuen Technologie jeden Tag praktisch umsetzen sollen.

Eine unsichere „grüne Schrumpelbanane“

Bei einem Kongress der Freien Ärzteschaft in Berlin bezeichnete Diplominformatiker Prof. Ulrich Kelber als ehemaliger Bundesdatenschutzbeauftragter die ePA als „unsichere, ungetestete Software“ bezeichnet, die im besten Fall nur eine „grüne Schrumpelbanane“ sei. Die ePA sei mit veralteten Technikkomponenten ausgestattet und habe erhebliche Sicherheitslücken. Besonders brisant: Jeder Versicherte müsste der Einführung der ePA aktiv widersprechen, wenn er nicht möchte, dass seine Gesundheitsdaten gespeichert werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ohne eine klare Ablehnung des Systems, die Daten aller Patienten automatisch gespeichert werden. Ein Datenschutz-Albtraum.

Die Schweigepflicht? Sie könnte gefährdet sein!

Ein weiteres Problem: Die ärztliche Schweigepflicht, die in Deutschland ein hohes Gut darstellt, könnte durch die ePA untergraben werden. Ärzteschaft und Psychotherapeuten müssen sicherstellen, dass die Daten ihrer Patienten nur im engsten Rahmen zugänglich sind. Doch die neue Regelung, bei der schon mit dem Einlesen der Versichertenkarte in der Apotheke oder beim eRezept das gesamte medizinische Profil eines Patienten für bis zu drei Tage einsehbar sein kann, gefährdet diese Vertraulichkeit. Zwei Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen könnten auf sensible Daten zugreifen, ohne dass eine ausreichende Kontrolle gewährleistet ist. Wer will schon, dass seine Krankheiten von unbefugten Personen durchstöbert werden?

Profite statt Verbesserungen der Gesundheitsversorgung?

Die Politik verkauft die ePA als ein bahnbrechendes Projekt zur Verbesserung der medizinischen Versorgung. Doch viele Experten stellen infrage, ob es wirklich um die Verbesserung der Gesundheitsversorgung geht – oder ob nicht vielmehr die Auswertung und der Verkauf von Krankheitsdaten an große Tech-Konzerne wie Meta, OpenAI oder Google im Vordergrund steht. Dr. Silke Lüder, Fachärztin und Vizepräsidentin der Freien Ärzteschaft, warf der Politik vor, das Projekt vor allem als lukrative Datenquelle zu nutzen. Die Frage bleibt: Wessen Interessen werden hier wirklich bedient?

Digitale Patientenakte: Vielversprechend, aber noch nicht ausgereift

Die Sicherheitsmängel, der drohende Verlust der Schweigepflicht und die mangelnde Kontrolle über persönliche Gesundheitsdaten machen diese ePA zu einem gefährlichen Spiel mit den Rechten der Bürger. Die Vorstellung, dass ausgerechnet die großen Tech-Konzerne unsere Gesundheitsdaten für kommerzielle Zwecke nutzen könnten, lässt uns kalte Schauer über den Rücken laufen. Es bleibt zu hoffen, dass sich hier noch etwas ändert. Ansonsten könnte der digitale Wandel unser Gesundheitssystem eher schädigen als verbessern.

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