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Ein Gesetz gegen Big Tech – mit Nebenwirkungen?
Was als Meilenstein für fairen Wettbewerb gedacht war, sorgt bei Google für Alarmstimmung: Der Digital Markets Act (DMA), das neue EU-Gesetz zur Regulierung digitaler Plattformen, richte laut dem US-Konzern „erheblichen und unbeabsichtigten Schaden“ an – und zwar nicht nur bei Tech-Riesen, sondern auch bei kleinen Unternehmen und europäischen Verbrauchern.
Nach Apple schlägt nun auch Google öffentlich Alarm. Oliver Bethell, bei Google zuständig für Kartellrechtsfragen, stellt klar: Das Gesetz schade dem freien Markt mehr, als es helfe. Besonders betroffen sei laut Google die europäische Tourismusbranche – ein Beispiel mit politischer Sprengkraft.
Tourismusbranche unter Druck – dank DMA?
Was auf den ersten Blick technisch klingt, hat ganz praktische Folgen: Der DMA zwingt Google, direkte Links zu Airlines und Hotels aus den Suchergebnissen zu entfernen. Stattdessen müssen Vermittlungsplattformen angezeigt werden – oft teurer, weniger direkt und mit Provisionen belastet.
Laut Google sei der Traffic zu Hotel- und Airline-Webseiten bereits um bis zu 30 Prozent eingebrochen. Das bedeutet: weniger direkte Buchungen, weniger Einnahmen für Anbieter, höhere Preise für Kunden.
Ein EU-Gesetz, das eigentlich Verbraucher schützen sollte, verteuert Reisen und bremst lokale Anbieter? Das dürfte nicht der ursprüngliche Plan gewesen sein.
Sicherheitslücken und Innovationsbremse?
Google geht noch weiter: Der DMA zwinge Android dazu, Schutzmechanismen abzuschalten, etwa beim sogenannten Sideloading. Das öffnet Türen für schädliche Apps und betrügerische Links, warnt der Konzern.
Außerdem beklagt Google, dass die neuen Regeln die Entwicklung und Einführung neuer KI-Funktionen massiv verzögerten. Produkte, die in den USA längst verfügbar sind, kämen in Europa teilweise mit bis zu einem Jahr Verspätung auf den Markt. Und damit gehe auch ein Innovationsvorsprung verloren – zu Lasten von Nutzer*innen und Start-ups.
EU unter Druck: Regelt Brüssel zu viel?
Dabei habe Google bereits viele Anpassungen vorgenommen, um dem DMA gerecht zu werden – etwa beim Datentransfer oder der Auswahl von Apps und Suchmaschinen. Doch laut Bethell sorgen überlappende Vorschriften, nationale Sonderregeln und laufende Gerichtsverfahren für ein regulatorisches Chaos.
Der Konzern fordert: Weniger Politik, mehr Praxis. Die Regeln müssten „nutzerorientiert, faktenbasiert und konsistent“ sein. Kurzum: Ein technischer „Reset“ soll her.
Doch nicht alle sehen das so. Verbraucherschützer und europäische Cloudanbieter verteidigen den DMA. Die Organisation Beuc lobt, dass der DMA bereits für mehr Wahlfreiheit bei Apps, Browsern und Zahlungsdiensten sorge – ganz im Sinne der Verbraucher. Der Cloud-Verband Cispe fordert sogar eine Ausweitung des Gesetzes, etwa auf große US-Hyperscaler.
Dringendes Update nötig!
Dass Google sich über Regulierung beschwert, ist ungefähr so überraschend wie ein Werbe-Popup auf einer Gratis-App. Aber wenn selbst europäische Mittelständler ins Schlingern kommen, weil ein Gesetz mehr Ideologie als Realität produziert, wird’s ernst. Klar: Big Tech muss gezähmt werden. Aber mit einem Vorschlaghammer trifft man eben auch die Falschen. Der DMA braucht kein Rückzieher – aber dringend ein Update. Mehr Zielgenauigkeit, weniger Bürokratie. Sonst wird aus „fairer Wettbewerb“ schnell „digitales Chaos made in Brussels“.